Säuglingskoliken, oder Dreimonatskoliken, treten üblicherweise in den ersten drei bis vier Lebensmonaten eines Säuglings auf und äußern sich durch anhaltendes Schreien, Herumquengeln, motorische Unruhe und Anziehen der Beine. Eltern betroffener Babys geben beim Kinderarzt-Besuch an, das Gefühl zu haben, dass das Kind Schmerzen hat.
Bereits im Jahr 1954 wurde von Wessel et al. in Pediatrics eine Definition für sogenannte „Colicky Infants“ publiziert. Diese unterscheidet zwischen „Wessel Koliken“ und „non-Wessel Koliken“. Unter „Wessel Kolik“ versteht man, wenn ein Baby an mindestens drei Tagen der Woche wenigstens drei Stunden schreit oder quengelt. Tritt dies seltener auf, spricht man von einer „non-Wessel Kolik“. Diese Definition hat bis heute Gültigkeit und hilft, objektive Kriterien zu schaffen.
Zu Häufigkeit und Auftreten von Säuglingskoliken gibt es verschiedene Studien, die höchst unterschiedliche Prävalenzen ergeben. Eine skandinavische Studie (Canivet et al., 2002) stellt eine Prävalenz von 9,4% mit 2,3% Wessel Koliken fest. Weit höhere Prozentsätze gibt eine türkische Studie (Ciftci et al., 2007) mit einer Gesamtprävalanz von 75,8% und 51,1% „Wessel Babys“ an. Zu guter Letzt soll noch eine Studie aus dem Iran (Talachin et al., 2008) erwähnt werden, laut derer 20,4% aller Säuglinge unter Wessel Koliken leiden.
Über die Gründe für derartig große Schwankungen kann nur spekuliert werden. Eventuell könnten genetische bzw. ethnische Ursachen dahinter liegen, doch auch unterschiedliche Praktiken der Säuglingspflege (z.B. bei der Ernährung) sind eine denkbare Begründung. Zu guter Letzt wäre es auch möglich, das Schwanken auf eine temperament-bedingte subjektive Wahrnehmung zurückzuführen.
Über die Genese von Säuglingskoliken kann bis dato nur spekuliert werden. Es gibt verschiedene Erklärungsansätze mit recht unterschiedlicher Sichtweise. Zahlreiche Arbeiten sehen Säuglingskoliken als „Verhaltensproblem“ oder sogar als Durchgangsstadium der frühkindlichen Entwicklung. Vielfach wird in diesem Zusammenhang auch die Mutter-Kind-Interaktion ins Spiel gebracht. Ein anderer Ansatz betrachtet Säuglingskoliken in erster Linie als ein „Ernährungsproblem“, was auf der Hypothese beruht, dass nicht gestillte Babys circa doppelt so häufig unter Säuglingskoliken leiden als gestillte Babys. In manchen Arbeiten wird auch eine „allergische Genese“ (z.B. durch bovines IgG) angesprochen. Zu guter Letzt werden Säuglingskoliken oft auch als „Luft bzw. Gasproblem“ interpretiert, da bei betroffenen Babys häufig ein meteorisches Abdomen beobachtet wird.
Generell lässt sich sagen, dass Säuglingskoliken bei der Mehrzahl der Fälle selbstlimitierend sind und somit zwischen dem vierten und siebten Lebensmonat verschwinden. Allerdings wurde in einigen Studien festgestellt, dass Babys mit Säuglingskoliken im Langzeitverlauf vermehrt zu Verhaltensauffälligkeiten und Folgebeschwerden neigen. Laut einer schwedischen Studie (Canvet et al., 2000) zeigen sich bei den betroffenen Kindern noch vier Jahr später gehäuft negative Emotionen, Essprobleme und Magenschmerzen. Eine Studie aus den USA (Neu et al., 2002) stellte bei den ehemals betroffenen Kindern zu Schuleintritt in gewissen Situationen noch inadäquate Stressreaktionen fest. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Behandlung durchaus angezeigt.
Einen Versuch das „Luftschlucken“ als Teil der Genese für Säuglingskoliken zu eliminieren, stellt der Umstieg auf eine belüftete Babyflasche dar. In einer Studie unserer Arbeitsgruppe am Landeskrankenhaus Leoben (AT) konnte etwa ein signifikanter Rückgang von Blähungen, Anziehen der Beine, Schreien und schwerem Aufstoßen innerhalb von nur zwei Wochen ab Wechsel auf die MAM Anti-Colic Flasche festgestellt werden.
Aus diesem Grund kann der Umstieg auf eine belüftete Babyflasche durchaus als hilfreiche Behandlungsmethode empfohlen werden.