Auch bei Paaren mit Kinderwunsch vollzog sich ein ähnlicher Wandel: Auf dem Höhepunkt der Pandemie entschieden sich viele Paare dazu, ihren Kinderwunsch erst einmal auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Es gibt keine Daten zu ausgebliebenen Schwangerschaften in 2020, aber Anfang 2021 ging die Zahl schwangerer Frauen deutlich zurück.6
Diese Zeit des Jahres 2020 war eine Zeit des Lernens. Es wurden Expertise und Technologien zur medizinischen Betreuung unter diesen veränderten Umständen entwickelt, auch zur Überwachung von Schwangeren und zur Betreuung von Paaren mit Kinderwunsch. Man setzte hier auf eine Kombination aus zeitsparenden, praktikablen Online-Sprechstunden und sicheren Plattformen zur Durchführung planmäßiger Untersuchungen, um ein dichtes Beisammensein vieler Menschen zu verhindern. Es wurde insbesondere eine verstärkte Nachfrage nach Plattformen und Technologien beobachtet, die Ärztinnen und Ärzte in ihrer Klinik einsetzten.
In vielen Fällen steht jedoch immer noch keine geeignete Technologie zur Verfügung, die einen persönlichen Termin in der Praxis und medizinische Untersuchungen durch eine Hebamme (z. B. die Beurteilung vaginaler Ausscheidungen oder das Abtasten der Gebärmutter) ersetzen könnten. So gilt die Telemedizin als Ergänzung zur persönlichen Betreuung durch medizinisches Fachpersonal, da sie einen Besuch in der Praxis zwar noch nicht ersetzen kann, aber sich durchaus für gezielte Fragen oder Tipps etwa zur Einnahme von Medikamenten oder zur Deutung von Laborergebnissen eignet. So müssen Patientinnen ihr Zuhause nicht für den Gang zur Arztpraxis verlassen und sie laufen weniger Gefahr, sich mit COVID-19 zu infizieren.
Vor allem Schwangere, die keine Risikoschwangerschaft aufweisen, gehören zu den Patientinnen, die von telemedizinischen Angeboten profitieren können. Keine Risikoschwangerschaft heißt, dass weder die Mutter noch das Baby eine Erkrankung haben. So geht man in den USA beispielsweise davon aus, dass 85 % aller Schwangeren keine Risikoschwangerschaft haben – durch telemedizinische Angebote mussten diese Patientinnen ihren Arzt bzw. ihre Ärztin deutlich seltener aufsuchen; sie konnten sich so besser vor einer Infektion mit COVID-19 schützen und zugleich gut von ihrem Arzt bzw. ihrer Ärztin betreut werden.
An der Mayo-Klinik in den USA haben Studien gezeigt, dass die Telemedizin eine gute Option für Schwangere ohne Risikoschwangerschaft darstellt, durch effektive Selbstbeobachtung, den Austausch mit Ärzten und Gesundheitsexperten im Online-Chat und ein Forum unter der Leitung einer Hebamme, in dem viele schwangere Frauen miteinander ins Gespräch kommen können. Dabei waren folgende Vorteile offensichtlich:
In ländlichen Gegenden wohnende Schwangere erhalten Zugang zu Gesundheitsexperten und Fachärzten aus anderen Orten und Regionen. Dies ermöglicht ein großflächigeres, breiter aufgestelltes Betreuungsnetzwerk. Die betroffenen Patientinnen müssen keine langen Anfahrten mehr auf sich nehmen und die Qualität ihrer medizinischen Betreuung verbessert sich dadurch.7,8
1World Health Organization. Director-General's remarks at the media briefing on 2019-nCoV on 11 February 2020. http://www.who.int/dg/speeches/detail/who-director-general-s-remarks-at-the-media-briefing-on-2019-ncov-on-11-february-2020 (Accessed on February 12, 2020).
2Honein MA, Christie A, Rose DA et al. Summary of Guidance for Public Health Strategies to Address High Levels of Community Transmission of SARS-CoV-2 and Related Deaths, December 2020. MMWR Morb Mortal Wkly Rep. 2020;69(49):1860. Epub 2020 Dec 11.
3Yu J, Ouyang W, Chua MLK, Xie C. SARS-CoV-2 Transmission in Patients With Cancer at a Tertiary Care Hospital in Wuhan, China. JAMA Oncol. 2020;6(7):1108.
4Lewis MA. Between Scylla and Charybdis - Oncologic Decision Making in the Time of Covid-19. N Engl J Med. 2020;382(24):2285. Epub 2020 Apr 7.
5Cannistra SA, Haffty BG, Ballman K. Challenges Faced by Medical Journals During the COVID-19 Pandemic. J Clin Oncol. 2020;38(19):2206. Epub 2020 Apr 8.
6ALVES, JED. Cai a natalidade e a fecundidade nos EUA depois da pandemia da covid-19, Ecodebate, 07/12/2020
7Marko, Kathryn I, et al. “Testing the Feasibility of Remote Patient Monitoring in Prenatal Care Using a Mobile App and Connected Devices: A Prospective Observational Trial.” JMIR Research Protocols, vol. 5, no. 4, 2016, doi:10.2196/resprot.6167.
8Mooij, Marnie J. Meylor De, et al. “OB Nest: Reimagining Low-Risk Prenatal Care.” Mayo Clinic Proceedings, vol. 93, no. 4, 2018, pp. 458–466., doi:10.1016/j.mayocp.2018.01.022.
9Liotta M. Pandemic Pregnancy Care: telehealth versus faco-to-face 2018 The Royal College of General Practioners, 2018
10Reynolds RM. Telehealth in pregnancy. Lancet Diabetes Endorcinol. 2020 Jun; 8(6):459-61.
11Liotta M. Pandemic Pregnancy Care: telehealth versus faco-to-face 2018 The Royal College of General Practioners, 2018.