Scientific Article

Klinische Zahnversorgung während der Schwangerschaft

Dr. Sonia Groisman


Die FDI World Dental Federation unterstreicht auf Grundlage wissenschaftlich basierter Praxiserfahrung mit ihrer neuen Definition von Mundgesundheit, wie wichtig ein gesunder Mund für die Gesundheit insgesamt und für eine gute Lebensqualität ist1. Der Weltverband der Zahnärztinnen und Zahnärzte empfiehlt die Unterstützung werdender Mütter durch ein Team aus medizinischen Fachkräften, etwa aus den Bereichen Geburtshilfe, Ernährungsberatung und bei Bedarf aus der Physiologie; und eine Zahnärztin bzw. ein Zahnarzt sollte gezielt die Ernährung der Schwangeren anpassen und den Zustand ihrer Zähne im Blick haben. Dabei sollte sie bzw. er nicht nur Infektionsherde eliminieren, sondern auch Parodontose behandeln, da diese Erkrankung bei ausbleibender Behandlung eine Frühgeburt begünstigen kann2.

Bei der zahnmedizinischen Versorgung vor der Geburt sollten vorbeugende Maßnahmen sowie die Behandlung von Erkrankungen erfolgen, um die Gesundheit der Mutter wie auch des Kindes zu fördern und ihre Lebensqualität zu verbessern. Der Zahnarzt bzw. die Zahnärztin muss im Rahmen einer zahnmedizinischen Anamnese und einer klinischen Untersuchung prüfen, ob es zu Veränderungen in der Mundhöhle kommt oder Vorerkrankungen bekannt sind. Dabei muss sie bzw. er vor allem auf schwangerschaftsbedingte Veränderungen wie Veränderungen des Speichels, Parodontose, Überwucherung des Zahnfleischs, Schwangerschaftsgranulom, Karies und Zahnerosion bei Erbrechen achten. Die Schwangere wird dadurch für das Thema sensibilisiert und ermutigt, sich im Familienalltag Pflegeroutinen anzugewöhnen, die zu einer guten Mundgesundheit beitragen3.

Die Einbindung von Maßnahmen zur Unterstützung der Mundgesundheit bereits im frühkindlichen Alter erfordert die Motivation des zahnärztlichen Teams, Schwangere, junge Eltern oder Betreuungspersonen zu einer gesundheitsbewussten Fürsorge für ihre Babys und Kinder zu ermutigen. Damit die Maßnahmen auch fruchten, muss zwischen der Familie und der Geburtshelferin, dem Zahnarzt, der Kinderärztin sowie dem Kinderzahnarzt ein vertrauens- und respektvolles Verhältnis entstehen. Denn dies ermöglicht eine erfolgreiche Zusammenarbeit ab der Schwangerschaft oder der frühen Kindheit. Damit die Maßnahmen auch fruchten, muss zwischen der Familie und der Geburtshelferin, dem Zahnarzt, der Kinderärztin sowie dem Kinderzahnarzt ein vertrauens- und respektvolles Verhältnis entstehen. Denn dies ermöglicht eine erfolgreiche Zusammenarbeit ab der Schwangerschaft oder der frühen Kindheit3, 4.

 Frauen sollten ermutigt während, sich während der Schwangerschaft tägliche Zahnpflegeroutinen anzugewöhnen5Der Besuch beim Zahnarzt oder der Zahnärztin sollte ebenfalls als Teil einer sicheren und effektiven pränatalen Versorgung wahrgenommen werden. Der Zahnarzt oder die Zahnärztin muss darauf achten, dass der Behandlungsplan folgende Punkte beinhaltet3,6,7,8:

  • Erarbeitung und Besprechung des Behandlungsplans, einschließlich Aufklärung über Vorteile, Risiken und alternative Methoden
  • Notfallversorgung zu jeder Zeit, die planmäßige zahnmedizinische Versorgung sowie eine zahnmedizinische Notfallversorgung müssen in jeder Phase der Schwangerschaft gesichert sein6
  • Zahnprophylaxe-Maßnahmen zur rechtzeitigen Erkennung von Karies und Anwendung von Präventionsstrategien
  • Örtliche Betäubungen gelten zwar als ungefährlich während der gesamten Schwangerschaft und das Lokalanästhetikum der ersten Wahl sollte Lidocain 2 % in Verbindung mit Epinephrin sein (1:100.000 oder 1:200.000); dennoch sollten Schwangere nicht unnötig einer Lokalanästhesie ausgesetzt werden
  • Beim digitalen oder klassischen Röntgen ist auf dem Bauch eine Bleischürze mit Schilddrüsenschutz zu tragen
  • Eine Parodontosebehandlung vor und/oder während der Schwangerschaft kann möglichen Risiken für Mutter und Fötus vorbeugen
  • Frauen darüber aufklären, dass Mund- und Zahnvorsorge, einschließlich Röntgenaufnahmen, Schmerzmittel und Lokalanästhesie, Zahnsteinentfernung und Zahnpolitur während der Schwangerschaft unbedenklich sind; Gleiches gilt bei entsprechender Indikation auch für elektive Behandlungen7
  • Jederzeit Bereitstellung von Informationen über sinnvolle Routinen und Pflegemaßnahmen für die Mundgesundheit des Babys, Aufklären der Mutter sowie Vorsorgeberatung zur Verbesserung der Mundgesundheit während und nach der Schwangerschaft8
  • Beratung und Ermutigung der Eltern und Betreuungspersonen zur richtigen Mund- und Zahnpflege beim Baby zu Hause; dazu gehört auch das Zähneputzen, sobald der erste Zahn durchkommt.
  • Eltern und Betreuungspersonen sollten darüber informiert werden, dass Stillen die beste Nahrungsquelle für Neugeborene und Säuglinge ist; hier ist jedoch jeder Fall individuell zu betrachten und erfordert ein hohes Maß an Feingefühl, damit sich Mutter und Baby damit wohl fühlen und gesund sind.

 1 World Health Organization. Oral health [Internet]. 15 March 2022 [retrieved on April 28 2022 from Oral health (who.int)

 2 World Health Organization. (‎2019)‎. Ending childhood dental caries: WHO implementation manual. World Health Organization. https://apps.who.int/iris/handle/10665/330643. License: CC BY-NC-SA 3.0 IGO.

 3 Boronat-Catalá M, Montiel-Company JM, Bellot-Arcís C, Almerich-Silla JM, Catalá-Pizarro M. Association between duration of breastfeeding and malocclusions in primary and mixed dentition: a systematic review and meta-analysis. Sci Rep. 2017 Jul 11;7(1):5048.

 4 de Oliveira AJ, Duarte DA, Diniz MB. Oral Anomalies In Newborns: An Observational Cross-Sectional Study. J Dent Child (Chic). 2019 May 15;86(2):75-80.

 5 Patil S, Rao RS, Majumdar B, Jafer M, Maralingannavar M, Sukumaran A. Oral Lesions in Neonates. Int J Clin Pediatr Dent. 2016;9(2):131-138.

 6 Brogårdh-Roth S. The preterm child in dentistry. Behavioural aspects and oral health. Swed Dent J Suppl. 2010;(208):11-85.

 7 Tsang AK. The Special Needs of Preterm Children - An Oral Health Perspective. Dent Clin North Am. 2016 Jul;60(3):737-56.

 8 Wang Y, Briere CE, Xu W, Cong X. Factors Affecting Breastfeeding Outcomes at Six Months in Preterm Infants. J Hum Lact. 2019 Feb;35(1):80-89.

 9 Ruiz DR. Clinical oral health care for newborn, infant and toddler. In: Andrade DJC, Ruiz DR, Groisman S, Coordinators. Promotion of maternal and child oral health. [ebook on the Internet]. São Paulo; 2022. 195 p. Available from: http://www.diferencas.net/. ISBN 9798428370911

 10 Merglova V, Hauer L, Broukal Z, Dort J, Koberova Ivancakova R. General and oral health status of preterm one-year-old very low and extremely low birthweight infants (a cross - sectional study). Biomed Pap Med Fac Univ Palacky Olomouc Czech Repub. 2021 Jun;165(2):209-215

 11 Garg A, Kumar G, Goswami M, Kumar D, Mishra D. Evaluation of eruption of deciduous teeth among infants born after low risk pregnancy compared to infants diagnosed with Intra Uterine Growth Restriction. J Oral Biol Craniofac Res. 2021 Oct-Dec;11(4):638-642.

 12 Žemgulytė S, Vasiliauskienė I, Slabšinskienė E, Sandūnaitė K, Narbutaitė J. Influence of preterm birth for child's oral health status. Stomatologija. 2019;21(4):107-112.

 13 Guedes KM, Guimarães AM, Bastos Ade S, Salviano KG, Sales NJ, Almeida ML, Gurgel RQ. Stomatognathic evaluation at five years of age in children born premature and at term. BMC Pediatr. 2015 Mar 29;15:27.

 14 Greene Z, O'Donnell CP, Walshe M. Oral stimulation for promoting oral feeding in preterm infants. Cochrane Database Syst Rev. 2016 Sep 20;9(9):CD009720.

 15 Hummel P, Fortado D. Impacting infant head shapes. Adv Neonatal Care. 2005 Dec;5(6):329-40.

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 18 Maaniitty E, Vahlberg T, Lüthje P, Rautava P, Svedström-Oristo AL. Malocclusions in primary and early mixed dentition in very preterm children. Acta Odontol Scand. 2020 Jan;78(1):52-56.

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 20 Hohoff A, Rabe H, Ehmer U, Harms E. Palatal development of preterm and low birthweight infants compared to term infants -- What do we know? Part 3: discussion and conclusion. Head Face Med. 2005 Nov 2;1:10. doi: 10.1186/1746-160X-1-10. PMID: 16270912; PMCID: PMC1298320.


Dr. Sonia Groisman, DDS, MSc 

Pediatric Dentist

  • Master of Science and Ph.D. an der Zahnmedizinischen Schule der Universidade Federal Fluminense, Brasilien (UFF)
  • Doktortitel in Kariologie an der Lund-Malmö-Universität in Schweden
  • Professorin und Vorsitzende des Doktorandenausschusses im Bereich Zahnmedizin für die öffentliche Gesundheit und Familien, Universidade Federal do Rio de Janeiro
  • Beraterin des Global Child Dental Fund (UK) und Mitglied der World Federation of Public Health Associations
  • Arbeitsteam für Mutter/Kind-Mundgesundheit, Mundgesundheit-Arbeitsgruppe der World Federation of Public Health Associations (Untergruppe, Mutter/Kind-Mundgesundheit)
  • Arbeitsgruppe Planung der World Health Public Associations (WHPA)
  • Grenzübergreifendes Bündnis für Mundgesundheit – Ausschuss für internationale Auszeichnungen